Wind

Wenn ich mich zulasse, bin ich heftig. Ich bin ein scharfer Wind, der alles wegbläst, was künstlich gebaut ist und nur stehen lässt, was auf den Grundfesten im heiligen Boden der Wahrheit verankert ist. Ich treibe Tränen in die Augen, sodass all das Ungeweinte herausfließen kann. Ich bausche das Meer auf, das tiefe Blau lässt die Unendlichkeit nur erahnen. Die Wellen bauschen sich auf. So hoch, dass einem Angst und Bange werden kann vor der Wucht der Gefühle und der Spiritualität, die das Wasser verkörpert. Ich peitsche den unentschlossenen Sand über den Strand, sodass seine Haltlosigkeit und Umtriebigkeit offenbar wird. Ich zerzause den Menschen das Haar, um ihnen den Kopf zurechtzurücken. Ich trockne die Tränen und Wunden und zerre den Schmerz der Vergangenheit hinfort. Ich reiße an der Kleidung, stelle das alte Selbst infrage und lasse erkennen, was vergänglich ist und was Bestand hat.

Und ich bringe den Duft des Neuen …

Expression

Expression ist Ausdruck von Gefühlen. Sei es sprachlich, musikalisch, physisch oder farblich. Es gibt Millionen Wege sich mitzuteilen. Die Hauptsache ist, auszudrücken wie einem ums Herz ist.

Nicht immer wird das begrüßt. Es gibt gewisse Spielregeln, nach denen man sich in der Gesellschaft verhalten soll. Und das hat natürlich auch seine Berechtigung. Doch es gilt, eine Balance herzustellen zwischen der Rücksichtnahme auf Andere und dem Ausdruck sowie dem Erfüllen eigener Bedürfnisse.

Als Kleinkinder ist eines der ersten Dinge, die wir lernen, dass unser spontaner, ungehemmter Ausdruck nicht immer erwünscht ist. Wir sind mal zu laut, zu hibbelig oder zu empfindlich.

Mit der Zeit lernen wir, welches Verhalten bei unseren Bezugspersonen gut ankommt. Mit welchem Verhalten wir Aufmerksamkeit erzielen können. Nach und nach setzen wir unseren Ausdruck auch gezielter ein. Sei es zur Provokation, um zu gefallen oder um möglichst gar nicht aufzufallen.

Doch es gibt auch immer Bereiche oder Momente, in denen wir einfach wir selbst sind. In denen wir nicht darüber nachdenken, was wir sagen, wie wir etwas bewerten oder wie wir mit unserem Selbstausdruck auf andere wirken. Oft beschrieben als ein Gefühl innerer Freiheit.

Wenn Körper, Geist und Seele im Einklang miteinander sind, wir also aus unserer Mitte heraus agieren, sind wir ganz wir selbst. Dies ist pure Kreation aus unserem tiefsten Selbst heraus. Somit ist unser Ausdruck maximal authentisch. 

In welchen Momenten ergeht es dir so? Wann bist du in deiner Mitte, vergisst deine Sorgen und Bewertungen, sondern lebst ganz im Moment? 

Erinnere dich an Momente, wo du aus vollem Herzen lachst. Wo du nur den Augenblick genießt. Wo du dich rundum richtig fühlst, so sehr, dass du gar nicht mehr darüber nachdenkst.

Auch wenn es vielleicht banal erscheinen mag – es ist essentiell für unser Leben: Ganz wir selbst zu sein und uns dementsprechend auszudrücken. So zu sein, wie wir in dem Moment wahrhaftig sind.

Wer heute noch meint, dass sich tiefes Wohlbefinden und allumfassende Gesundheit über äußere Umstände, Materielles oder andere Personen herstellen lässt, der läßt einen ganz wichtigen Aspekt außer Acht: 

Unser äußeres Umfeld, die Situationen in denen wir uns wiederfinden, sind Produkte unserer (unbewussten) Kreation. Wie wir uns fühlen, welche Überzeugungen wir haben, wie wir bewerten – all das formt unser Erleben. Unsere Realität. Das, was uns tagtäglich umgibt. 

Dementsprechend sind Krankheit, Unzufriedenheit und schwierige Lebensumstände immer auch ein Ausdruck unseres aktuellen Selbstverständnisses. Wie wir zu sein glauben, wer wir glauben, sein zu müssen und noch vieles mehr beeinflusst unsere Wahrnehmung. 

Worauf wir unsere Aufmerksamkeit lenken prägt, was wir wahrnehmen und wie wir die Welt sehen. Unser Erleben wird durch unsere (unbewussten) Bewertungen und Annahmen gestaltet. So kreieren wir unsere Wirklichkeit. Jeden individuellen Moment. 

Die Erkenntnis dessen kann ganz schön überwältigend sein. Denn es zeigt, wie wirkungsvoll das Zusammenspiel von Gedanken, Gefühlen und Handlungen ist. Wie es unsere Welt gestaltet.

Es kann aber auch große Freude auslösen. Denn selbst wenn wir noch nicht herausgefunden haben, wie dieses Zusammenspiel in uns genau funktioniert, so ist allein das Wissen darum die Tür zu einer bewussteren Lebensgestaltung. 

Der greifbarste Selbstausdruck ist unser Leben selbst.

Dare to Dream

source: icon0.com

Als Kinder machen wir es die ganze Zeit: Wir träumen.

Sich Dinge vorzustellen, wie sie sein könnten und wer wir sein könnten, hat eine unfassbare Kraft. Es ist der erste Schritt zur Kreation.

Bevor wir etwas erschaffen, stellen wir es uns vor. Wir haben eine Idee und unsere Fantasie beginnt, sie auszumalen. Dabei entsteht die Lust, es umzusetzen. Uns durchströmt eine Vorfreude auf das, was in unseren Köpfen Form annimmt. Also handeln wir. Wir sammeln Stöcker und besorgen uns eine alte Decke, um die Höhle zu bauen, die in unseren Augen ein prächtiges Indianer-Tipi ist. Wir hören förmlich das Hufgetrappel der Pferde und den Schrei des Greifvogels, der am Himmel segelt.

Unsere Vorstellungskraft ist Teil der Kostbarkeit unseres Daseins. Wir sind hier, um zu kreieren, um zu erschaffen. Das ist die Göttlichkeit in uns.

Wenn wir träumen, gibt es keine Grenzen. Wir haben keine Angst, weil uns nichts zustoßen kann. Welchen besseren Ort sollte es geben, um etwas auszuprobieren, als einen Ort ohne Angst? Die „Machbarkeit“ wird sich erst rausstellen, wenn wir handeln. Zu handeln, ohne einen Traum zu haben, ist wie Backen ohne Backpulver. Man kann einen Teig herstellen, aber im Ofen entfaltet sich nichts. Die Vorfreude ist das Triebmittel für jegliche Aktion.

Wir überwinden eventuelle Hindernisse bei der Umsetzung, indem wir mit unserer Kreativität in Verbindung bleiben. Denn beim Träumen fallen uns Lösungen ein, auf die wir angeblich „im Traum nicht gekommen“ wären. Aber da liegt der Hase im Pfeffer: Nur im Traum kommen wir auf Ideen, die unser Bewusstsein kategorisch aussortiert, um uns zu schützen. Unser Denken basiert auf Glaubenssätzen („Ich bin nicht kreativ {genug, um Künstler zu sein}.“ zum Beispiel.), also gilt es, das Denken zu umgehen.

Wie? Indem wir das Ganze spielerisch betrachten. 🙂

Also, wann hast du zuletzt geträumt? Wann hast du dir zuletzt dein Leben in den schillerndsten Farben ausgemalt? Just for fun!

Wie würde dein Traum-Leben aussehen? Wenn wirklich alles möglich wäre?

Wage es, zu träumen. So richtig!

Ein Rückblick auf die Zukunft

16. Juli 2015

Etwas Geschriebenes.

Kurzer Brief vorweg:

Mein Name ist Camilla Krack. Ich studiere Spanische Philologie und Kunstgeschichte an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Am ersten August ziehe ich nach Hamburg, weil dort das Leben pulsiert. Und die Kunst sich hebt und senkt.

Ich möchte unbedingt mehr von der Welt sehen und davon, wie sie sich zeigt.

Auch in Kiel gibt es Kunst, keine Frage. Zur Zeit ist unter anderem die Ausstellung “Playing Future“ zu sehen. Die hat meine Aufmerksamkeit geweckt.

Die Ausstellung “Playing Future“

„Welche Bilder begleiten unsere Vorstellung der Zukunft?“ ist die Leitfrage, an der sich die Künstler orientierten.

Mittlerweile ist der spielerische Umgang der Kunst mit ihren Inhalten nicht nur erlaubt, sondern auch etabliert. Der Blick in die Vergangenheit zeigt einen Wandel durch verschiedenste Strömungen. Heutzutage stehen einem all jene Mittel und Techniken, Themen und Ideen aus Jahrtausenden Kunstgeschichte zur Verfügung. Dies macht Kunst nicht nur zu einem Bereich der vielfältigsten Ausdrucksmöglichkeiten, er schafft gleichzeitig so viel Raum, dass Haltlosigkeit drohen kann. Woran orientiert man sich, wenn nicht an Trends, Tendenzen und Themen des Alltags, der Gesellschaft oder der Kultur? An selbst erschaffenen Kontexten.

So gibt eine Leitfrage auf der einen Seite einen Sinn, eine Leitplanke, dort, wo sich Kreativität bahnt. Andererseits eröffnet eine Frage auch ein 360° Spektrum an Möglichkeiten zur Beantwortung. Da sind die Interpretationsebenen nicht einmal erwähnt.

Morgen ist heute schon gestern. Zeit ist ein Wandel, den wir als Erleben oder als Kreieren betrachten können. Oder erlebte Kreation. Letzteres würde einen Rückblick bedeuten. Dies ist nichts Ungewöhnliches. Die Vergangenheit prägt uns, da wir aus ihr unsere Erkenntnisse gewinnen. Sie lehrt uns, Entscheidungen zu treffen. Dennoch sind wir in dieser schnelllebigen Welt, bedingt durch immer schnellere Entwicklungen in Technologie und vielem mehr, aufgefordert, unsere Aufmerksamkeit dem Hier und Jetzt zu schenken. Das Kunstwerk vor uns frei zu betrachten, auch mit dem Wissen aus der Vergangenheit und den Vorstellungen über die Zukunft im Hinterkopf.

Der Ausstellung gehören knapp ein Dutzend Werke und Installationen an, jedoch möchte ich mich nur einer Auswahl widmen.

Spider Drone #3 (Roboterkamera)

Spätestens seit George Orwell’s Roman 1984 beschäftigt Menschen das Thema der Überwachung. Videokameras sind ein wesentlicher Bestandteil, um das Verhalten von Personen aufzunehmen, sowie beweisbar zu machen. Obwohl es in Supermärkten, an Ampeln oder Bahnhöfen längst Gang und Gebe ist, wirft die Installation von Kameras immer wieder Debatten auf. Kein Wunder, denn was für Sicherheit sorgen soll, verletzt zweifelsfrei die Privatsphäre. Inwieweit gibt es die jedoch ohnehin im öffentlichen Raum?

Der Künstler Björn Schülke treibt mit seinem Werk „Spider Drone #3“ diese Frage auf die Spitze. Dieses autonom wirkende Werk ist mit einem Bewegungssensor versehen, der die Kamera aktiviert. Wird man unwillkürlich zum Objekt dieser Aufnahme, kann dies sehr verstörend sein. Mag es zugleich eine Faszination auf den Betrachter ausüben, so kann er sich einer gewissen Skepsis nicht entziehen, die das suggerierte Eigenleben betrifft.

Was will diese Technik? Sie lenkt die Gedanken zu einer Welt mit smarter Technologie, die zur Interaktion fähig ist und somit dem Menschen immer näher kommt. Zu nah?

Future Fossil Spaces (Säulen)

Die Installation von Julian Charrière wirft, sofern man die Erläuterung gelesen hat, mehr Fragen auf, als Antworten auf die Leitfrage zu geben.

Wieso werden Salz und Lithium verwendet? Und weshalb muss es Salz aus Bolivien sein? Inwiefern werden sechseckige Salzkristalle als eine retrofuturistische Formensprache verstanden? Ohne den erläuternden Text wären solche Hintergründe nicht erkennbar gewesen. Die Idee als solche ist bemerkenswert: Nicht die Zukunft selbst zu visualisieren, sondern das Heute aus futuristischer Sicht zu betrachten. Herzustellen, was vom Jetzt übrig bleiben möge.

20XX (Video)

Der Künstler Tabor Robak verwendet ein Videoformat, um seine Vorstellung der Zukunft zu präsentieren. Es wird eine Nachtszene in eine Metropole gezeigt. Regentropfen prasseln auf die suggerierte Kameralinse, welche für einen Kameraschwenk von einem Schwall Regenwasser abgelöst werden. Zu sehen sind unter anderem Hochhäuser, Leuchtreklamen, Scheinwerfer und Feuerwerk. All dies sorgt für eine visuelle Reizüberflutung. Hinzu kommen fliegende Fortbewegungsmittel zwischen den Bauten. Kein Boden ist in Sicht und keinerlei Lebewesen werden gezeigt, sodass der Eindruck einer rein digitalen Welt entsteht.

Nun mag diese Vision keine ungewöhnliche sein, da wir bereits in Filmen, Videospielen und ähnlichem mit dieser Art Futurismus konfrontiert wurden. Allerdings machen gerade vertraute Elemente eine Vorstellung greifbar. Der unablässige Regen könnte aufgrund der starken Umweltbelastung durch Abgase hervorgerufen worden sein. Im Hintergrund sind große Wolkenmassen zu sehen, jedoch keine Vegetation, die das CO2 aufnehmen könnte.

Trotz bunter Lichter, fliegendem Verkehr und Feuerwerk ist dieser Blick in die Zukunft eher dystopisch.

Persönliches Fazit

Selten hat mich eine Ausstellung so mit meinen eigenen Vorstellungen über die Leitfrage konfrontiert. Jedes Werk gibt auf seine Weise mindestens einen Gedankenanstoß. Häufig spielen die Werke der Künstler mit der Ungewissheit, die die Zukunft bringt. Aber genau dieses Spiel mit den Sorgen kann uns eine Relativität erkennen lassen. “Playing Future“ zeigt unter anderem den spielerischen Umgang mit hoch technologischen Gegenständen. Dabei ist die Zeit gar nicht der einzige Faktor, welcher die Auseinandersetzung mit der Zukunft bestimmt. Gerade in dieser Ausstellung geht es viel um Perspektive. Von welcher Ebene aus betrachte ich eigentlich die Zukunft? Hinzu kommt das Spannungsfeld von Ratio und Emotio, welches seine Auflösung in ihr jeweiliges Gegenteil sucht. Oder aber eine Koexistenz widersprüchlicher Umstände anstrebt.

In dem Raum den “Playing Future“ einnimmt, gilt es, eigene Konzepte zu reflektieren. Aber auf leichte Art und Weise. Die Vielfalt der Ideen, und ihrer Umsetzung auf verschiedenen Ebenen, eröffnet neue Sichtweisen. Und ein erweiterter Horizont wird auch in Zukunft sicherlich hilfreich sein.

Einige kunstbezogene Texte habe ich bereits auf meinem Blog veröffentlicht:

camillasblog.de

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Camilla Krack