Vom Wert eines Tagebuchs

Ein Tagebuch zu besitzen ist ein großer Luxus. Du kannst jederzeit hineinschreiben. Du kannst deine Sorgen und Nöte, freudige Erlebnisse und Alltägliches niederschreiben, was deine Aufmerksamkeit erregt hat oder deinen Geist beschäftigt. Später dient dir dein Eintrag als Spiegel. Du kannst dich selbst erkennen. Die Bedeutung deiner Worte kann sich dir auf neue Weisen erschließen.

Das Schreiben ist dein höchst persönlicher Ausdruck. Der Inhalt deiner Sätze, deine Wortwahl, deine Schrift, ja sogar die Wahl deines Stiftes sagt etwas über deinen derzeitigen Zustand aus. Es ist ein Bid mit vielen Worten und zusätzlich eine Tür zu deinem vergangenen Selbst.

Das aktuelle Selbst hat durch ein Tagebuch die Möglichkeit, zu verarbeiten, zu reflektieren, zu formulieren, zu ergründen, was tief in einem ist. Natürlich kann es manchmal beängstigend sein, herauszufinden, was in einem ist und raus will. Die eigenen Gedanken können manches Mal sehr erschreckend sein. Die Gefühle, die an die Oberfläche, in unser Bewusstsein drängen, scheinen uns zu überwältigen.

Aber genau das ist heilsam! Diese Dinge zu unterdrücken, führt zum Unglücklichsein. Sie in ungebremster Zerstörungswut an anderen auszulassen und die Wesen um einen herum zu verletzen, ist jedoch genauso wenig förderlich.

Es ist von größerer Wichtigkeit als wir annehmen, alle unsere Gefühle, Regungen, Wahrnehmungen und Gedanken zu äußern. Tun wir das nicht, macht es uns krank. Wir Menschen entwickeln häufig körperliche Symptome, aber sogar auch geistige Zwänge und Neurosen, um unseren Emotionen zu entkommen.

Wenn wir uns ihnen aber stellen, sie annehmen als das was sie sind und im nächsten Schritt eine passende Ausdrucksmöglichkeit für sie finden, kehren wir sie in Gelassenheit, wahre innere Ruhe und Balance um. Das in alltäglichen Situationen umzusetzen, kann herausfordernd sein. Beim Tagebuchschreiben lässt man diese Revue passieren, und beschäftigt sich – immerhin nachträglich – mit seinem Innenleben.

Der Weg zum unmittelbaren Selbstausdruck ist weit, doch jeder Schritt in diese Richtung befreit uns: Wir werden immer mehr, was uns wirklich ausmacht, wer wir sind. Wir werden authentisch.

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